Sportler des Monats
30.11.2010

Gesundheitssport heißt das neue Steckenpferd

Sportler des Monats: Der 43-jährige Michael Kleß wird vom Freizeitsportler allmählich zum Multifunktionär

Das ist unser Mann: Michael Kleß im Kreise seiner Freizeitsportvereinskollegen
GB-Foto: Bäuerle
Eigentlich ist der Haslacher Michael Kleß ein Spätstarter, was die Funktionärskarriere angeht. Denn erst im Alter von 33 Jahren kam er vor rund zehn Jahren zum Freizeitsportverein Gäufelden: "Ich suchte einen Ausgleichssport und schloss mich der Gruppe für Kondition und Fitness an."

Vorher, das gibt der 43-Jährige zu, hat er nicht sonderlich viel Sport getrieben. In der Jugend war der gebürtige Sindelfinger im Tanzsport aktiv, hat es bis zum Alter von 15 Jahren aber nur hobbymäßig betrieben. Im Freizeitsport gefiel es ihm auf Anhieb, auch wenn die Übungsgruppe am Montagabend altersmäßig ein breites Spektrum umfasste: "Noch heute ist eine Handvoll Aktive bei uns über 70 Jahre alt." Kleß schätzt vor allem die zweite Stunde in der Sporthalle Gäufelden, weil dann in der Regel Spiele wie Basketball oder Volleyball anstehen.

Schon früh hatte der Vereinsvorsitzende des Freizeitsportvereins, Jürgen Welsch, auf den damals in Tailfingen wohnenden Kleß ein Auge geworfen. Da im Jahr 2000 ein neuer Stellvertreter gesucht werden musste, wurde der Newcomer auf Anhieb in die Vorstandsetage gehievt. Das Amt des zweiten Vorsitzenden bei den Gäufeldener Freizeitsportlern wäre wohl ein leichtes geworden, wenn Welsch seinen Vize im Jahr 2004 nicht als Vertreter zu der ARGE Sport, der Arbeitsgemeinschaft der Gäufeldener Sportvereine, entsandt hätte. Da wechselt der Vorsitz jedes Jahr zwischen den großen Vereinen und just in dem Jahr war der Freizeitsport dran. Und zusammen mit Bürgermeister Johannes Buchter initiierte man die erste Sportgala der Gemeinde. Kleß: "Ich übernahm die Organisation. Aber schon bei der Aufstellung des Kriterienkatalogs, welche sportliche Leistung denn herausragend sei, gab es ziemlich viel Ärger." Der Diplom-Ingenieur, von Beruf wegen mit der Steuerung von Werkstattsystemen vertraut, begann, sich schnell in die Ehrungsmaterie einzuarbeiten. Er koordinierte die Ton- und Lichttechnik der Veranstaltung, plante den Einsatz von Fotos und der Einspielfilme, arbeitete einen minutiösen Ablaufplan aus. Und der Kriterienkatalog, was denn nun als herausragende sportliche Leistung zu gelten hat, wurde auch niet- und nagelfest gemacht.

Die eigentliche Feuertaufe im Ehrenamt stand Kleß allerdings erst noch bevor, als es im Jahr 2007 darum ging, eine Nachfolge für den nach zehn Jahren ausscheidenden Jürgen Welsch zu finden. Es kristallisierte sich heraus, dass die Struktur und die Satzung des vor über 25 Jahren gegründeten Vereins völlig veraltet war. Kleß: "Damit der Verein handlungsfähig bleiben konnte, haben wir uns für eine Vereinsspitze mit zwei gleichberechtigten Vorsitzenden entschieden." Musste die Satzung mindestens in diesem einen Punkt geändert werden, kam das ganze Paragrafenwerk auf den Prüfstand, wurde komplett überarbeitet und verabschiedet. Federführend: Michael Kleß. Er übernahm auch den Vorsitz, zusammen mit Konrad Gierens aus Öschelbronn, der für die Geschäftsstelle verantwortlich zeichnet. Kleß vertrat den Verein bei Veranstaltungen und Terminen: "Ich mach gern den Außenminister." Auch wenn der Verein gerade einmal rund 170 Mitglieder umfasst, ist das Aufkommen an ehrenamtlicher Arbeit nicht zu unterschätzen, Kleß: "Das fängt schon bei der Lizenzverwaltung unserer sechs aktiven Übungsleiter an."

Schließlich wurde der Freizeit-Terminkalender von Kleß noch voller, als ihn im letzten Jahr Ingrid Kienzle, Leiterin der Geschäftsstelle im Turngau Stuttgart, ansprach. Denn der Posten des Ressortleiters für Freizeit- und Gesundheitssport war beim Turngau, der immerhin für über 160 Vereine im Landkreis Böblingen und dem Stadtkreis Stuttgart zuständig ist, seit einiger Zeit verwaist. Ein Fall für Michael Kleß: "Gerade im Bereich Gesundheitssport besteht für kleine Vereine, die ähnlich wie unser Freizeitsportverein kein Wettkampfangebot haben, die Möglichkeit, sich abzuheben."

Der zweifache Familienvater hat auch schon ein ehrgeiziges Projekt angestoßen. So soll am 24. September 2011 in der Sporthalle Gäufelden ein "Forum Gesundheitssport" angeboten werden. Das Forum soll Funktionäre von Vereinen und deren Übungsleiter gleichermaßen ansprechen. Kleß: "Wir wollen auch zum Mitmachen anregen." In Arbeitskreisen von der Slow Motion Fitness über den Idogo-Stab bis zum "Power-Max", einem "Super-Krafttraining" stellen Referenten praktische Inhalte für Sportkurse vor. Im theoretischen Teil der Veranstaltung möchten Michael Kleß und der Turngau dafür werben, dass der Gesundheitssport als "Baustein im Vereinsangebot" etabliert wird. Kleß: "Der Gesundheitssport wirft auch die Frage nach neuen Arbeitsweisen für die Vereine auf." So gäbe es Kooperationsmöglichkeiten mit Kindergärten, Schulen oder größeren Betrieben, die Wert auf eine körperliche Betätigung ihrer Angestellten legen.

Seit einiger Zeit hat Michael Kleß in seinem Ressort zwei Vereinsberater an der Hand, die zusammen mit Vereinen ein Gesundheitssport-Konzept entwickeln können. Da müssen auch die Gegebenheiten vor Ort abgeklärt werden. Kleß: "Es ist eben manchmal nicht so einfach, in bereits vollgestellten Geräteräumen von Sporthallen noch 40 Stepper zusätzlich unterzubringen." Trotz all seiner Funktionen freut sich Kleß am meisten auf die montäglichen Übungsstunden beim Freizeitsportverein. Inzwischen schafft er es im Monat nur noch ein- oder zweimal in der Gäufeldener Sporthalle vorbeizuschauen. Funktionärsschicksal
ANDREAS GAUSS